Der erste Monat
Ich würde jetzt gerne einen normalen Tagesablauf beschreiben, dazu noch ein, zwei witzige Sätze hinzufügen und eine random Geschichte aus dem Nähkästchen erzählen, kann ich aber nicht. Denn jeder Tag ist so voll mit neuen Erlebnissen und Eindrücke, die alle ein eigenes Kapitel in diesem Blog verdient hätten. Da ich aber nicht unendlich viel Zeit habe und das Schreiben jetzt nicht so richtig meine Leidenschaft ist, versuche ich die letzten Wochen so gut wie es geht revue passieren zu lassen.
DER ERSTE TAG
Die ersten Stunden, die ich in Thailand verbracht habe, waren alles andere als entspannt. Aber das war genau richtig so. Durch den Monsun ging es auf dem Sattel eines Motorbikes zum Geldtauschen, zwischendurch einen kleinen Unfall gebaut und dann direkt zu meiner ersten eigenen Wohnung. Nachdem der Mietvertrag unterschrieben war, ging es mit einer Frau, die ich nicht kannte und die außer „Hallo“ kein Englisch spricht in den Supermarkt, es blieb mir nichts anderes übrig als schön im Thai style alles was ich nicht verstanden habe mit einem Lächeln abzunicken. Nachdem ich den Kühlschrank ein wenig gefüllt habe, mir noch eine Pfanne zum Einzug geschenkt wurde, ging es direkt zum Outreach (extra Blogeintrag), dort wurde ich übermüdet zum ersten Mal mit den brutalen Bildern von Menschenhandel und Prostitution konfrontiert. Total überwältigt von den vielen neuen Eindrücken, ging es dann auf einem Song Tau quer durch die Stadt zu einem Night Bazar, bei dem ich direkt mein erstes Pad Thai gegessen habe. So nach c.a. 36 Stunden auf Achse, bin ich dann überwältigt, glücklich, voller Vorfreude und natürlich müde ins Bett gefallen.
WALK FOR FREEDOM
Der „walk for freedom“ hat schon in meiner ersten Woche
in Thailand stattgefunden. Es ist eine schweige Demonstration gegen
Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Im Vorfeld hatte jede Organisation, die
sich mit Menschenhandel in Pattaya beschäftigt einen Stand aufgebaut, auch der
Tamar Center war vertreten. Nach ein paar scheinheiligen, offiziellen Reden, haben
sich rund 200 Menschen mit Schildern und Flyern ausgestattet, in einer langen
Schlange und sich schweigend auf den Weg durch die Stadt gemacht. Ein
unglaublich absurdes Bild, eine Demonstration am Strand zu sehen. Der „walk for
freedom“, war leider sehr früh angesetzt und da Pattaya eine Stadt ist, bei der
um 10.00 Uhr die betreffenden Leute noch nicht auf den Straßen waren, war das
ganze eher ein social Media, Promo Ding. Trotz allem war es gut, dass diese
Demonstration stattgefunden hat, dass man mal die anderen Organisationen kennen
gelernt hat, sowie auch der dortigen Politik immer wieder vor Augen hält, dass
es Menschen Handel in Pattaya gibt! Auch, wenn es die tatsächliche Zielgruppe
(Freier) nicht getroffen hat, ist es doch wichtig, offiziell ein Zeichen gegen Menschenhandel
und sexuelle Ausbeutung zu setzen.
Jeden Freitag ist in Soi6 Gottesdienst, den wir Freiwilligen
und zwei Thai Frauen von Tamar selbst gestalten. Jeder übernimmt immer einen Job.
Der Gottesdienst ist in Worship, Andacht, kleinem Spiel, Zeugnis und
anschließendem Essen aufgeteilt.
Jedes Mal übernimmt jemand anderes einen Teil vom Gottesdienst. Da außer den Freiwilligen niemand so wirklich Englisch spricht, ist der Gottesdienst in Thai und Englisch, was dank Google Translator möglich ist (auch wenn ich mir bei meiner letzten Andacht echt nicht sicher war, wie viel meine Übersetzerin dazu gedichtet hat, denn die Übersetzung hat auffällig lange gedauert…)
Die Mitglieder der Gemeinde sind sehr bunt gemischt, die meisten
sind Frauen, ob aus der Bar oder Frauen aus der Umgebung, die irgendwie in Soi6
gelandet sind, auch ein Mann kommt in den Gottesdienst. Er ist auf der Suche
nach irgendwas, dass er nun versucht im Glauben an Gott zu finden, was er in
den Bars vergeblich gesucht hat. Ich bin jedes Mal darüber erstaunt, wie viel Humor
die Thai Frauen haben. Bei den gemeinsamen Spielen oder dem gemeinsamen
Mittagessen, ist es immer so witzig, auch wenn man kein Wort des anderen
Versteht, verbindet uns der Humor und den gemeinsamen glauben an Gott ungemein.
Es ist immer wieder schön und doch zugleich auch erschreckend zu sehen, wie die
zwei Welten von Gottesdienst und die laute, dreckige Straße Soi6 so miteinander
verschwimmen. Es ist tröstlich zu sehen, dass man selbst an so einem Ort wie
diesen, einen Platz schaffen kann, der voll ist mit echter Liebe und Wertschätzung
füreinander.
Ach ja, und natürlich war das Essen und vor allem die Cupcakes
der Wahnsinn. Es hat schon Vorteile, dass Tamar eine eigene Konditorei hat. –
ich glaube ich sollte deutlich mehr über das Essen schreiben und nicht immer
nur dieses sentimentale Zeug-
Let’s party! Um mehr Frauen für unseren englisch
Unterricht zu begeistern, haben wir in jeder Bar in Soi6 versucht Flyer zu
verteilen. Versucht aus dem Grund, weil es immer ein paar Barbesitzer gibt, die
uns wirklich den Spaß verderben wollen und uns einfach rausschmeißen… Jedoch
waren die aller meisten offen für unsere Einladung. Die Party war echt total cool,
wir haben alles schön geschmückt, Spiele gespielt und natürlich Kuchen gegessen.
Am Ende unserer „english class party“ kommt plötzlich noch eine Frau die Treppe
hochgelaufen, um zur Party zu kommen, also haben wir kurzerhand noch eine
Stunde dran gehängt, weil es uns so sehr gefreut hat, dass sie den Mut hatte zu
uns zu kommen. Wie sich herausstellte, war sie für 2 Tage krankgeschrieben und
musste somit nicht in der Bar arbeiten. So genau herausgefunden, was sie hat,
haben wir zwar nicht, jedoch habe ich und eine andere Freiwillige die Gunst der
Stunde genutzt und mit ihr an diesem Tag noch einen Ausflug zu machen, um sie
besser kennenzulernen. Es war so ein Geschenk, dass sie gerade an diesem Tag zu
uns kam und wir so die Chance hatten, ihr ein Pattaya abseits der Bar zu zeigen.
Eine Frau bekommt in der Bar keinen freien Tag, kein Wochenende oder Feiertag,
um freizubekommen muss man entweder Glück mit seinem Chef haben, der
Krankschreibungen vom Arzt akzeptiert, oder sich Freikaufen (den Freikauf werde
ich mal noch extra beschreiben, weil der ein großes Fass aufmacht). Die Frau
erzählte uns ihre Lebensgeschichte, dass sie von einem sehr armen Elternhaus
kommt, die Mutter krank ist, und von einer Freundin gehört hat, dass man in Pattaya
viel Geld verdienen kann. Also ab nach Pattaya und in einer Bar arbeiten, doch
was sie wirklich in der Bar erwartet, wusste sie nicht. So wie ihr geht es sehr
vielen Frauen, es sind dramatische und traurige Geschichten. Um so schöner,
dass gerade diese Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, um einen Tag mal
nicht arbeiten zu müssen.
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